NABU Waldbrunn zum geplanten Windpark

Waldbrunn. Der NABU Waldbrunn hat bezüglich des geplanten Windparks im Markgrafenwald zu drei verschiedenen Genehmigungsverfahren Stellung genommen, nämlich zum entsprechenden
Zielabweichungsverfahren, zum Flächennutzungsplan und zum Antrag auf Genehmigung nach dem Bundesimmissionschutzgesetz.

Die Stellungnahme zum Flächennutzungsplan wird hier veröffentlicht. Diese wurde auch vom NABU Eberbach und dem NABU-Bezirksverband Neckar-Odenwald mitgetragen. Unterstützt wurde die Stellungnahme vom Bezirksverband des NABU Rhein-Neckar-Odenwald.

Grundsätzlich begrüßt der NABU Waldbrunn und seine Mitglieder die Energiewende und akzeptiert daher Windräder auf der Gemarkung Waldbrunn. Allerdings müssen Artenschutz und der Schutz des Landschaftsbildes angemessen berücksichtigt werden, so der NABU in der Einleitung zu der Stellungnahme

Die Stellungnahme im Wortlaut:




Gebietscharakteristik
Die auf dem Gebiet der GVV Waldbrunn-Neckargerach und der Gemarkung Eberbach vorgesehenen 12 Standorte für Windenergieanlagen (WEA) liegen in einem geschlossenen Waldgebiet. Im Erläuterungsbericht des Antrages der Fa. Fichtner in den Kapiteln 5.2. und 5.3 und in den Erläuterungen des Büros IFK wird dieses Gebiet als überwiegend „naturferner“ reiner Nadelbaum-und Mischbestand beschrieben mit nur mittlerer naturschutz­ fachlicher Bedeutung. Außerdem wird eine angebliche „Strukturarmut“ festgestellt. Ein Blick auf die Satellitenkarte zeigt jedoch, dass das Gebiet durchaus strukturreich ist, begünstigt durch die ehemaligen Windwurfflächen, die nicht einheitlich nachgewachsen sind. Im Bereich der WEA 3, 4 und 8 sind außerdem ältere Buchenbestände vorhanden. Im Bereich der Max-Wilhelmshöhe sollen zur Zuwegung wertvolle Hecken und einzelne Obstbäume entfernt werden. Grundsätzlich sind Waldflächen in ihrer Bedeutung für die Natur wesentlich höher als z.B. Ackerflächen einzustufen. Daher können wir die Geringschätzung der beanspruchten Flächen nicht nachvollziehen. Das Waldökosystem wird im unmittelbaren Umfeld der WEA erheblich beeinträchtigt.

Abweichungen vom Regionalplan
Das Plangebiet liegt nach dem derzeit gültigen Regionalplan zum größten Teil in einem Regionalen Grünzug, in einem Vorranggebiet für Natur-und Landschaftsschutz und in einem als „Unzerschnittener Raum“ gekennzeichneten Gebiet. Diese Flächenfunktionen sind entgegen der Behauptung des Planers durch die Vielzahl der geplanten Windräder durchaus erheblich beeinträchtigt. Dies gilt insbesondere auch für den Flächenverbrauch und die Zerschneidung der Waldgebiete durch die Zuwegung zu den Windkraftstandorten. Dass im Entwurf des Regionalplans ein kleinerer Teil dieses Gebietes bereits als Vorranggebiet für Windkraftnutzung vorgesehen war, hat für die Zulässigkeit der neuen Nutzung insofern keine Bedeutung, da dieser Entwurf nicht beschlossen worden war und inzwischen sogar wieder aufgehoben wurde. Außerdem hatte der Gemeinderat Waldbrunn damals als Vorranggebiet für Windkraft anderen Flächen und Grenzen zugestimmt, als im Regionalplanentwurf zu sehen waren. Als Ausgleich für die Funktionsbeeinträchtigung der betroffenen Waldflächen erwartet der NABU, dass die Flächenfunktionen -Regionaler Grünzug und Vorranggebiet für Natur und Landschaftsschutz -im neuen Regionalplan auf das Gebiet nördlich der L 524 zwischen Mülben und Wagenschwend erweitert werden, zumal dieses Gebiet (inkl. Mülbener See und NSG Schwanne Wald) tatsächlich ökologisch sehr wertvoll ist. Dies hatten wir schon in unserer letzten Stellungnahme zum Regionalplan angeregt.

Geologisches Naturdenkmal Felsenhaus
In der Veröffentlichung der LUBW ist das Felsenhaus als Naturdenkmal (ND 4) der Wertklasse 1 (schutzwürdig) zugeordnet und als landeskundlich wertvoll bezeichnet. Der Turm des Windrads Nr. 8 soll nach Plan in einem Abstand von 150 m zu diesem Gebiet stehen. Der Rotor ragt um etwa 60 m über den Mittelpunkt des Turmes hinaus, so dass ein effektiver Abstand von nur 90 m gegeben ist. Dies mindert den ästhetischen

Wert des Naturdenkmals und wirkt bedrängend auf dieses. Das geschützte Geologische Naturdenkmal Felsenhaus ist außerdem umgeben von einem amtlich festgesetzten Waldbiotop (siehe Anlage). Die im Waldbiotop lebenden Arten werden bei diesem geringen Abstand gestört. Nach §§ 30 und 31 BNatSchG ist im BImSchG-Verfahren bei geschützten Biotopen und Naturdenkmalen (§ 28 BNatSchG) für Abstandsregelungen eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Wir fordern deshalb -wie auch bei Naturmonumenten vorgeschrieben ­den Turm inkl. Rotor in einem Abstand von 200 m vom Naturdenkmal und Waldbiotop zu errichten, (d.h. Abstand zum Turmfuß 260 m).

Beeinträchtigung des Landschaftsbildes / Riegelbildung
Die lange Reihe von Windrädern auf einer Länge von 4,4 km beeinträchtigt das Landschaftsbild und den Vogelzug durch Riegelbildung. Die NABU-Gruppe hat schon frühzeitig vorgeschlagen, den Riegel zu verkürzen und z.B. die Windkraftanlage Nr.12 wegzulassen, da dieser Standort ohnehin windschwächer ist als die anderen. Der verbliebene Riegel ist durch Ausgleichsmaßnahmen angemessen zu kompensieren. Auf die angrenzenden, auf Eberbacher Gemarkung im Landschaftsschutzgebiet Augstel geplanten beiden Windräder sollte aus dem gleichen Grund und aus Rücksicht auf das dortige Landschaftsschutzgebiet verzichtet werden. Unseres Erachtens sollten 8-9 Anlagen ausreichen, um sie wirtschaftlich betreiben und landschaftsverträglich einbinden zu können.

Abstand zu Siedlungsflächen und Zahl der Anlagen
Die geplante Zahl von 12 Anlagen mit ihrer enormen Höhe ist für das Landschaftsbild so dominant, dass die Funktion des Ortes laut Regionalplan als „Schwerpunkt der Kur-und Naherholung“ beeinträchtigt wird.

Artenschutz
Das angrenzende Tal des Reisenbach gehört zum Brut-und Nahrungsrevier eines Schwarzstorchpaares. Der Schwarzstorch ist in Deutschland eine seltene und gefährdete Vogelart. Geringe Brutbestände bestanden durchgängig in den letzten Jahrzehnten nur in Nord-und Ostdeutschland. Erst in den letzten 10 Jahren kam es durch verstärkte Schutzmaßnahmen zu einer Besiedelung einiger Mittelgebirge Süddeutschlands. Der Schwarzstorch benötigt für eine Ansiedlung störungsarme Waldgebiete mit alten Bäumen zur Horstanlage. Daneben sind naturnahe, ungestörte Gewässer (Bachläufe, Tümpel) zur Nahrungssuche notwendig.
Im Odenwald wurden in den letzten fünf Jahren einzelne Schwarzstörche zur Brutzeit beobachtet. Aus den Planungsunterlagen geht nicht hervor, ob -nachdem im Reisenbacher Grund etliche Exemplare des Schwarzstorches gesichtet wurden -nach Schwarzstorchhorsten flächendeckend gesucht wurde. Der NABU hält es für unabdingbar, dass im Winter 2013/2014 nochmals gezielt von ausgewiesenen Experten an den Hängen des Reisenbacher Grundes nach Schwarzstorch-Horsten gesucht wird. Es muss zweifelsfrei festgestellt werden, dass in 3 km-Umkreis jeder einzelnen der geplanten Windkraftanlagen kein Schwarzstorchpaar brütet. Andernfalls würde eine Genehmigung der Anlagen eklatant gegen das Naturschutzrecht verstoßen.
Wir fordern im Sinne des Fledermausschutzes und des Schutzes für windkraft­empfindliche Arten ein Konzept zur Begleitforschung während des Betriebes der Anlagen (Monitoring der Bestandentwicklung von Fledermäusen, Schwarzstorch und Rotmilan im gesamten Waldgebiet). Außerdem weisen wir darauf hin, dass ein Ausgleich für Natureingriffe bereits während der Bauphase beginnen muss. Bestimmte Ausgleichsmaßnahmen sollen schon vor dem Bau der Anlagen wirken können. Konkrete Vorschläge zu ökologischen Ausgleichsmaßnahmen konnten in den Planungen nicht gefunden werden. Ob die Herausnahme von bestimmten Waldgebieten in Zwingenberg aus der Bewirtschaftung, wie im Antrag erwähnt, als Ausgleich gelten kann, ist zu bezweifeln, da es ohnehin nur schwer nutzbare Waldgebiete betreffen könnte, wie z.B. die Wolfsschlucht. Es wäre außerdem nicht akzeptabel, wenn beim ökologischen Ausgleich Standorte im Wald gleich hoch bewertet würden, wie Standorte auf Wiesen-und Ackerflächen. Als rechnerischen Ausgleich für den Eingriff halten wir in diesem Fall mindestens 3 % der Baukosten für erforderlich. Dieser Betrag muss ökologischen Maßnahmen in der Nähe zu Gute kommen. Vorschläge für konkrete Ausgleichsmaßnahmen auf Gemarkung Waldbrunn hat der NABU Waldbrunn bereits dem Planer übermittelt (siehe Anlage).

Folgendes erachtet der NABU Waldbrunn bei ausgewiesenen Standorten für WEA für den Fledermausschutz als notwendig:
In Gebieten mit hohem Fledermausbestand lässt sich das Kollisionsrisiko durch eine temporäre Abschaltung der WEA bei starkem Fledermausflug wirkungsvoll reduzieren. Dazu ist die Installation von Batcordern (festinstallierte Fledermausdetek
toren) notwendig. Laut Gutachten soll der Abschaltalgorithmus nur in den Anlagen 4 und 5 installiert werden. Wir halten allerdings dies bei allen WEA für erforderlich. Mit der Genehmigung von WEA im Wald muss grundsätzlich ein betriebsbedingtes Monitoring festgelegt, vom Vorhabensträger durchgeführt und öffentlich zugänglich gemacht werden. Werden dabei erhebliche nachteilige Auswirkungen festgestellt, sind vom Vorhabensträger Abhilfemaßnahmen zu erbringen. Fledermäuse sind aufgrund ihrer geringen Vermehrungsrate mit ein bis zwei Jungtieren pro Jahr besonders anfällig für das rasche Aussterben lokaler Populationen aufgrund von Verlusten durch Windräder. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Fledermausschutz im NABU legt die Obergrenze des tolerierbaren Tötungsrisikos auf eine Fledermaus pro Windenergieanlage pro Jahr fest.
Bei ausgewiesenen WEA Standorten ist bereits auf der planungsrechtlichen Ebene für eine Kompensation des Eingriffs zu sorgen.

ZUSAMMENFASSUNG:

  1. Die Naturferne und Strukturarmut des Plangebietes wird bezweifelt. Die Bewertung des Gebietes im Hinblick auf Ausgleichsmaßnahmen ist zu niedrig angesetzt ­nämlich wie für Flächen außerhalb eines Waldes.
  2. Die Beeinträchtigungen des „Regionalen Grünzugs“, des „Vorranggebietes für Natur-und Landschaftsschutz“ und des „Unzerschnittenen Raumes“ müssen kompensiert werden.
  3. Der Abstand der WEA 8 zum dortigen Naturdenkmal und Waldbiotop muss vergrößert werden.
  4. Die Suche nach Schwarzstorchhorsten ist zu intensivieren.
  5. Die Riegelbildung der langen Reihe der WEA sollte gemindert werden (Verzicht auf WEA 12 und auf die Anlagen im Augstel).
  6. Das Monitoring zum Fledermausschutz ist zu verbessern (Abschaltregelung bei allen WEA!).
  7. Die ökologischen Ausgleichsmaßnahmen müssen vor Ort und in einem größeren angemesseneren Umfang erfolgen und vor Baubeginn wirken können.

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