„Man schätzt nur, was man kennt“

Präsentation „auf höchstem Niveau“ – RNZ-Heimatkalender „Unser Land 2016“ am Fuße des Katzenbuckels vorgestellt – Heimat als Herausforderung

von Peter Lahr

Strümpfelbrunn. (rnz) Kann man in Zeiten, in denen weltweit 60 Millionen Menschen ihre Heimat verlassen haben und sich auf der Flucht befinden, überhaupt einen Heimatkalender publizieren? Mit einem eindeutigen „Ja“ beantworteten am Mittwochabend all jene diese Frage, die mitgewirkt haben an der 31. Ausgabe des RNZ-Heimatkalenders „Unser Land 2016“. Dass man damit nicht nur thematisch auf der Höhe sei – inmitten der ZDF-Themenwoche „Heimat“ – belegte Schriftführer und Mitherausgeber Gerhard Layer überzeugend. Fand die Präsentation doch im Strümpfelbrunner Rathaus statt, am Fuße des Katzenbuckels, der mit 626 Meter über der Meeresoberfläche die höchste Erhebung des Odenwalds bildet.

Wie man auf einem solch traditionellen Instrument wie dem Akkordeon zeitgemäß-frische Musik machen kann, demonstrierten Jasmin Ammerbacher, Klara Zwickert und Franziska Steck aus der Klasse von Elena Kropmaier überzeugend.

„Der Saal ist voll“, freute sich Mitherausgeber Karl Heinz Neser über gut 100 Gäste. „Der Heimatkalender ist ein Vorzeigeprodukt Ihres Hauses“, begrüßte er die beiden RNZ-Chefredakteure Inge Höltzcke und Dr. Klaus Welzel persönlich. Die aktuelle Ausgabe sei nicht nur die 26. unter der Ägide der RNZ, sondern auch die 26., die Gerhard Layer, Leiter der Mosbacher RNZ-Redaktion, als Schriftführer gestaltet habe. Auf viele Nachfolger hoffte Neser und bedankte sich bei der RNZ für die verlegerische Treue.




Der „Haus- und Hofchronist“ sowie  langjährige Kalenderautor Otmar Glaser brachte den Gästen die historischen Besonderheiten der „Winterhauch“-Gemeinden nahe. Vom Urlurch Trematosaurus, der vor 240 Millionen Jahren hier hauste – und nun als „Laugen-Tremi“ ein leckeres Comeback feierte – bis zur über 300 Jahre alten Dorflinde ging die Reise. Zu den bekanntesten Bewohnern zählte Karl Friedrich Freiherr Drais von Sauerbronn. Der Forstmann erfand nicht nur die nach ihm benannte Draisine, sondern gilt auch als Vater des Laufrads.

„Man schätzt nur das, was man kennt“, beschrieb Gerhard Layer, einer der „Väter“ des Heimatkalenders die Motivation. Heute verbinde sich mit dem Begriff der „Heimat“ die Herausforderung, „jene menschenwürdig aufzunehmen, die keine Heimat mehr haben und bei uns eine neue suchen.“ Dass auch viele längst als Einheimische angesehene Mitbürger Flüchtlingsschicksale hinter sich haben, das führte den Mitherausgeber zur 320 Seiten starken Ausgabe, deren Inhalt er im Schnelldurchlauf vorstellte – und dabei vielfach die Lust zum Weiterlesen weckte.

„Heimat kann heute vielen einen festen Anker bieten“, betonte MdL Peter Hauk. Die rund 90 Autoren forderte er auf: „Bleiben Sie am Ball und schreiben Sie auch aktuelle Geschichten.“ Dickes Lob gab es von einem weiteren, bekennenden „Unser-Land“-Fan. Laut Landrat Dr. Achim Brötel biete der Heimatkalender „Informatives und Anekdotisches, Nachdenkliches und Unterhaltsames, Geschichte und Geschichten, Prosa und Lyrik, Zeichnungen, Fotos und Texte, Großes und weniger Großes, aber immer ungemein Lesenswertes aus dem Neckartal, dem Odenwald, dem Bauland und dem Kraichgau.“ Und das alles oft mit einem kleinen verschmitzten Augenzwinkern und auf höchstem Niveau. Außerdem fügte der Landrat ein eindeutiges Bekenntnis zur Aufnahme von Flüchtlingen an: „Es ist eine gewaltige Herausforderung, der wir uns aber stellen müssen.“

Dass der Kalender seine Strahlkraft längst bis Heidelberg entwickelt habe, betonte Inge Höltzcke. Heimat hieß für sie auch immer auch Heimat suchen. Ihr Resümee lautete daher: „Der Heimatkalender macht uns Mut, denn er zeigt: viele Probleme von heute sind gar nicht so neu. Sie beschäftigten die Menschen schon vor 200 Jahren.“ Die ehrenamtlichen Autoren hätten außerordentliches Herzblut investiert.

Auch beim RNZ-Leserfest am Samstag werde der Heimatkalender zu erwerben sein. Darauf verwies Dieter Schirmer, Leiter der Buchener Druckerei „Rhein-Neckar-Druck“. Nach der Übergabe der ersten Kalenderexemplare bedankte sich mit Dr. Karl Wilhelm Beichert der dritte Mitherausgeber bei allen, die zum Erscheinen des Kalenders und dem Gelingen der Präsentation mitgeholfen haben. Und das, obwohl es in keinem der aktuell weit verbreiteten Ratgeber-Büchern den Auftrag gebe: Schreiben Sie einen Artikel für ‚Unser Land’.

Info: Heimatkalender „Unser Land 2016“, herausgegeben von Dr. Karl Wilhelm Beichert, Gerhard Layer, Karl Heinz Neser, Hans Rückert, erschienen im Verlag der Rhein-Neckar-Zeitung, 320 Seiten, ISBN 978-3-936866-57-5.

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„Die Autoren sind ein besonderer Menschenschlag. Sie erforschen freiwillig, ehrenamtlich und mit großer Hingabe die Geschichte ihrer Heimat“, lobte Mitherausgeber Dr. Karl Wilhelm Beichert (l.). Bei der Präsentation des RNZ-Heimatkalenders „Unser Land 2016“ im Strümpfelbrunner Rathaus wirkten zudem mit (von links): Inge Höltzcke, Otmar Glaser, Karl Heinz Neser, Gerhard Layer, Bürgermeister  Markus Haas, MdL Peter Hauk und Dr. Klaus Welzel (v.l.). (Foto: Peter Lahr)

 


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